Haie gelten seit Jahrzehnten als gefürchtete Raubtiere – doch wie berechtigt ist diese Angst wirklich, wenn es ums Tauchen mit ihnen geht? Wir werfen einen nüchternen Blick auf die Risiken und räumen mit Mythen auf.
Haie: Gefährliche Räuber oder missverstandene Tiere?
Die Vorstellung, einem Hai unter Wasser zu begegnen, löst bei vielen Menschen instinktiv Unbehagen aus. Hollywood-Filme wie Der weiße Hai haben dazu beigetragen, dass Haie bis heute als blutrünstige Menschenfresser gelten. Doch die Realität sieht anders aus: Haie sind faszinierende, überwiegend scheue Tiere, die in der Regel keinerlei Interesse an Tauchern zeigen.
Wie oft kommt es zu Haiangriffen?
Die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Laut dem International Shark Attack File (ISAF) des Florida Museum wurden im Jahr 2023 weltweit nur 57 unprovozierte Haiangriffe registriert – bei Millionen von Tauchgängen jährlich. Die Zahl der tödlichen Vorfälle lag bei unter 10. Zum Vergleich: Wespen, Kühe und sogar Toaster fordern mehr Menschenleben pro Jahr.
Wichtig ist dabei: Die meisten dieser Angriffe betreffen Surfer oder Schwimmer an der Wasseroberfläche – nicht Taucher. Unter Wasser erkennen Haie den Menschen als fremdes Lebewesen und verhalten sich meist vorsichtig oder desinteressiert.
Merkmal | Insgesamt | Tödlich |
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Weltweit | 47 | 4 |
USA | 28 | 1 |
Australien | 9 | 0 |
Ägypten | 1 | 1 |
Malediven | 1 | 1 |
Westsahara (Offener Ozean) | 1 | 1 |
Thailand | 1 | 0 |
Trinidad und Tobago | 1 | 0 |
Französisch-Polynesien | 1 | 0 |
Indien | 1 | 0 |
Mosambik | 1 | 0 |
Turks- und Caicosinseln | 1 | 0 |
Belize | 1 | 0 |
Welche Haiarten sind für Taucher relevant?
Taucher begegnen je nach Region verschiedenen Haiarten. Besonders häufig sind:
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Riffhaie (z. B. Schwarzspitzen- oder Weißspitzen-Riffhai): neugierig, aber harmlos
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Ammenhaie: nachtaktiv, friedlich
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Zitronenhaie: meist ruhig, reagieren gelassen auf Taucher
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Bullenhaie, Tigerhaie, Weiße Haie: potenziell gefährlich, aber selten bei Tauchgängen ohne Köderung anzutreffen
In professionell geführten Haitauchgängen wird stets genau auf die Haiart, deren Verhalten und die Umgebung geachtet.
Was beeinflusst die Sicherheit beim Haitauchen?
Ob ein Tauchgang mit Haien sicher ist, hängt von mehreren Faktoren ab:
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Verhalten der Taucher: Keine hastigen Bewegungen, kein Jagen, kein Anfassen
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Art des Tauchgangs: Freie Begegnung oder Fütterungstauchgang (letztere bergen höhere Risiken)
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Sichtverhältnisse und Tiefe
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Erfahrung des Guides und der Gruppe
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Wissen über Hai-Verhalten
Fütterungstauchgänge können Haie konditionieren und zu riskanterem Verhalten führen – sollten also nur von erfahrenen Profis organisiert werden.
Wie verhalten sich Haie gegenüber Tauchern?
Die meisten Haie sind scheu. Oft halten sie Abstand oder entfernen sich, sobald Taucher auftauchen. Manche kreisen neugierig um die Gruppe, zeigen aber kein aggressives Verhalten. Typisches Balz- oder Drohverhalten ist leicht zu erkennen (z. B. steifes Schwimmen, abruptes Richtungswechseln) – und ein klares Signal, sich zurückzuziehen.
Ein ruhiges, respektvolles Verhalten unter Wasser ist der Schlüssel zu einer sicheren Begegnung.
Was sagen Experten?
„Ich tauche seit über 15 Jahren mit Haien – von Riffhaien bis hin zu Bullenhaien. Noch nie habe ich eine Situation erlebt, in der ich mich wirklich bedroht gefühlt hätte. Solange man die Tiere respektiert, sind sie unglaublich faszinierende Begleiter“,sagt Marie Köhler, Tauchlehrerin und Meeresbiologin aus München.
Auch der Meeresforscher Dr. Leon Vargas betont:
„Haie sind keine Killermaschinen. Ihre Rolle im Ökosystem ist essenziell. Taucher tragen durch respektvolle Begegnungen dazu bei, dieses Bild zu korrigieren.“
Fazit: Ist Haitauchen gefährlich?
Nein – zumindest nicht, wenn es richtig gemacht wird. Das Tauchen mit Haien birgt ein kalkulierbares, extrem geringes Risiko. Wer sich an einfache Verhaltensregeln hält, auf professionelle Anbieter setzt und das Tierverhalten respektiert, erlebt eine der eindrucksvollsten Begegnungen der Unterwasserwelt – sicher und nachhaltig.
Tipp: Haitauchen ist nicht nur ein Abenteuer, sondern auch ein Beitrag zum Schutz der Tiere. Denn wer Haie erlebt hat, wird sich für ihren Erhalt einsetzen – und das ist heute nötiger denn je.