Eine neue Studie liefert den bislang klarsten Nachweis dafür, dass Schwarzhaie (Carcharhinus obscurus) vor Nantucket Kegelrobben erbeuten. Forschende von Atlantic White Shark Conservancy, New England Aquarium und der Massachusetts Division of Marine Fisheries konnten erstmals eine Luftaufnahme dokumentieren, die die Tötung und Aufnahme einer Robbe zeigt – ein Fund, der das Verständnis der Art und ihrer Rolle im Küstenökosystem von Massachusetts erweitert.
Von der Vermutung zur Bestätigung
Schon im Juli 2023 kursierten Fotos und Videos von Robbenrissen bei Great Point. Zunächst hielt man die Angreifer für Weiße Haie – spätere Analysen ordneten sie als Schwarzhaie ein. Bisherige Hinweise (etwa ein einzelner Magenfund aus Südafrika) galten als Aasfresser-Szenario, nicht als aktives Jagdverhalten. Die nun veröffentlichte Studie in Environmental Biology of Fishes belegt: Schwarzhaie jagen Robben aktiv.
„Diese Beobachtungen verändern unser Bild der Ernährungsökologie des Schwarzhais – und der Interaktionen zwischen Haien und Robben vor Massachusetts“, sagt Studienleiterin Megan Winton (AWSC).
Ökologische Rückkehr alter Beziehungen
Die Forschenden gehen nicht von einem neuen Verhalten aus. Vielmehr deuten die Befunde darauf hin, dass mit der Erholung der Bestände von Haien und Robben über Jahrzehnte unterbrochene Räuber-Beute-Beziehungen zurückkehren. Als in den 1990ern der Schutz mariner Säuger und Haie griff, begannen Populationen zu wachsen – die Wissenschaft erfasst nun Verhaltensmuster, die historisch vermutlich häufig waren, aber nach dem Populationskollaps kaum beobachtet werden konnten.
„Es ist gut möglich, dass diese Beziehung historisch bedeutsam war – und wir künftig mehr solcher ökologischer Überraschungen sehen“, so Winton.
Bedeutung für Management und Sicherheit
Der Schwarzhai gilt global als gefährdet; die Bestände hatten im 20. Jahrhundert stark gelitten, zeigen nun aber Erholungstendenzen. Die Ergebnisse liefern Ansatzpunkte für Schutz- und Küstenmanagement: Wenn Raubhaie in historische Lebensräume zurückkehren, beeinflusst das Nahrungsketten, Fischerei und Badebetrieb. Die Forschenden betonen zugleich den Wert von Bürgerwissenschaft: Erst Hinweise aus der Öffentlichkeit lenkten die Aufmerksamkeit auf die Jagdszenen.
„Die Rückkehr erholter Haipopulationen kann Küstenökosysteme spürbar prägen – mit Folgen für Wildtiermanagement und öffentliche Sicherheit“, sagt Mitautor Gregory Skomal (MA DMF).
Unterm Strich stärkt die Studie die Evidenz für wirksame Schutzpolitik – und zeigt, wie wichtig kontinuierliches Monitoring, Aufklärung und die Einbindung der Öffentlichkeit sind.